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Die Geschichte der Österreichischen Küche teil 4

Heute kennt man eine Pariser, eine Prager und eine Römische Küche, aber niemand denkt dabei auch gleichzeitig an die jeweiligen Landesküche. Der begriff " Wiener Küche" dagegen ist identisch mit der gesamten Landesküche, die die nationale Küche mit einschließt und meint.Und  nur als Wiener Küche hat die Österreichische Küche Weltruhm erlangt.

Meister Sebastian " Koch und Kellermeister" von 1581 erwähnte zwar schon eine polnische und eine wählische Küche, aber er kannte weder eine Österreichische geschweige denn eine Wiener Küche.( Und er war Mundkoch eines Habsburgers.)

Ebensowenig kannte Paul Jacob Marperger, " Königlich polnischer und Chur- Sächsischer Hof und Commercienrath" in einem 1716 in Hamburg erschienen " Vollständig Küch und Keller Dictionarium" den Begriff  "Wiener Küche" , erwähnte allerdings bereits Österreichische und Kaiserliche Erb-Länder"Speisen und schrieb ausführlich über den Reichtum .

Wenn nun das Sprichwort( die Erb- Lande seien zum Essen und Trinken eigentlich gemacht.) nicht unbekannt, der kann leichtlich erachten, daß alle oberzehlten dinge nicht nur in Menge sondern auch im Überfluß fürhanden..... An dem Kayserlichen Hofe selbst seyed die Spanische, Teutische, Welische und Ungarische Koch- Arten gleichsam konzentriert und was andenen darzugehörigen Requisitis noch fehlet, solches wird durch die in ganz Österreich florierende Handelsschaft reichlich herbeigeschaffter..... Ich werde auch nicht irren, wenn ich sage, daß vielleicht in Österreich die besten Köch und Köchinnen der Welt anzutreffen und zwar us Ursache des Kaiserlichen Hofes, der an solchen aufhaltenden vielen ausländischenFürsten und Ambassadeurs, die ihre eigenen Köche mehrerenteils bei sich führenwelche,welcheihre Herren großen Staat führen und stattliche Tractirunngen ausrichten müssen, untereinande certrieren, wer die besten Speisen zur Tafel bringen möge; Einer sichtet, lernet und erfähret es von anderen, der Teutsche von den Italienern, der Frantzose von Englischen und so nimmt hernach das Bürgerliche Frauenzimmer auch davon an.Das 1785 an Prag und Wien erschienene " Neue Lexikon der französischen, sächsischen, österreichischen und böhmischen Kochkunst" enthält eine schon lange Reihe von Rezepturen " auf österreichisch". Erschien doch schon 1798 in Wien ein" Kleines österreichisches Kochbuch" von einer ungenannten " wienerischen Köchin". 

Bereits 1792 hieß es in einem " Nützlichen Adreß und Reißbuch von Wien". Inländer haben es im Ausland und Ausländer  bei uns gefunden, daß die wienerische Küche die beste, die nahrhafteste und die wohlfeilste sei".

Erst im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts tauscht endgültig in den Kochbüchern der Begriff Wiener Küche auf und verdrängt dann die Österreichische Küche bzw. die Rezepte "auf Österreichisch" mehr und mehr.

Trotzdem wusste man schon verhältnismäßig früh, dass in Wien gut leben, gut essen und trinken konnte, dass der Wiener auf gutes und reichliches Essen und Trinken etwas hält.

Im  Nibelungenlied um 1200 endgültig gefasst, hieß es von " Wien dort an der Donau":

" In reichem, vollem Maße war alles dort bereit.Was sie zu haben wünschten."

Der Geschichtenschreiber Ottokar von Horneck schilderte das Hochzeitsessen nach der Vermählung König Beleas von Ungarn mit der Nichte Ottokars von Böhmen im Jahre 1264 in Wien <<Des Überflusses war da genug. Kaum trug die Donau in den Schiffen die Last der Speisen, und manches barst da im Gedränge.>>

Aenea Silvio Piccolomini seit 1437 als Harmonie und Kanzler Kaiser Friedrichs III. in Wien

( und seit 1458 Papst Pius II.), wusste über Wien zu berichten, >>In Wien haben fast alle Bürger Tavernen, sie heizen ihre Stuben halten gute Köche, laden leichtes Volk zu sich und geben ihm Speisen umsonst, dass es desto mehr trinke..... das Volk ist ganz dem Leibe geneigt und ergeben, und was die Wochen mit der Hand schwerer Arbeit gewunnen hat, das nur es am Freytag alles verzehren.<<

Und Neidhart Fuchs, um 1400, schildert: >> Darnach kam ich gen Wien ans fürsten tisch, man gab mir Wildbret und Fisch, man hieß mich fröhlich essen, man schenkt mir lutenperger ein, meines Leides hät ich vergessen.<<

Ein anderer Zeitgenosse vermerkte, das die Wiener auch in Kriegszeiten nichts von jener Annehmlichkeit des Daseins entbehren, die zu Hause Küche und Keller boten. Im liebevoller Fürsorge sandte von Wien seinen Kriegern, die zur Niederbrechung einiger Raubritterburgen ausgezogen waren, nicht bloß Fastenspeisen, wie gesalzene Fische und Käse nach, sondern auch allerhand angenehme << Überflüssigkeiten>> wie Wildbret, Schmalz, und Spezereien, Gewürze, Mandeln, Feigen >> Weinber<< und einen guten Tropfen  >> Reinfal und Malvasier << 

Johann Basilius Küchelbecker schrieb in seiner >> Allerneuesten Nachrichten vom Römisch - Kaiserlichen Hofe << 1730 : >>Am meisten wird Wien mit Essen und Trinken, oder besser mit fressen und Saufen exzediret, welches sowohl 

von Hohen und Niedrigen als auch von Geistlichen und Weltlichen geschieht und weiß man den größten Teil des Tages nicht besser und vergnügter als bei tische beim Glas Wein zuzubringen.<< Und Johann Kasper Riesbeck berichtete seinem Bruder zu Paris 1783 aus Wien: >>Als die Rede vom Essen war, da war weder einen Table d`hòte noch etwas ähnliches im Haus. Der Kellner stellte sich steif vor mich hin und nannte mir 20- 30 Gerichte in einem Atem, so geschwind daher, dass ich nichts unterscheiden konnte... Und ich muß gestehen, das alles sehr billig war um 20 bis 24 Kreuzer kann man hier ein ziemlich gutes Mittagessen nebst einen schoppen Wein habn.

Was ein Wiener Kellner zu nennen wußte , dürfte ungefähr so geklungen haben, wie es eine Altwiener Speisenkarte aus dem Singspiel >> Die Teufelsküche am Wienerberg<<, 1805 von einem Anonymus verfasst uns anschaulich aufzählt:

>> Ein Suppen mit Fleckerl steht hier angeschrieben, Ein Rindfleisch mit Semmelkren und roten Rüben.

Ein Kraut mit Pofesen, ein eing`machtes mit Krebsen, Gebatene Tauben, ein Ragout von Schöpsen, Kapäuneln und Hender´ln gebrat`ne Vögel.

Ein Antel, ein Gansel, ein Kälbernes Schlägel,ein guts Karbonadl.

Ein gefülltes Rostbrat´l

Ein g´stopftes Indiaerl ( gefüllte Wandertaube).

Ein schönes Fasanderl

Gebratener Karpfen , gesott`ne Forelle

Ein welsches Salaterl mit frischen Sardellen,

Pasteten und Torten.

Von allerlei Sorten

Das wär für Euch wohl einköstlicher Schmaus- 

Wär nur von allem ein bisschen im Haus.<<

Warum Wien bzw. Österreich im Chor der eigenständigen Kochbücher und Speisen des >> vornehmen Standes <<verhältnismäßig spät zu Wort kam hat seinen Hauptgrundim historischen Schicksal. Die ersten Habsburger, die 1282 nach Österreich gekommen waren, hatten für Wien und Österreich zunächst wenig übrig gehabt. Ihr Besitz lag am Oberhaim, im Elsaß, im schwäbischen Raum, ihr Stammland war die nördliche Schweiz. Die Herzogtümer im Osten waren nur eine Draufgabe zur Hausmacht.Und so waren die Habsburger und ihre Ratgeber zunächst nur wenig beliebt. Erst ab Mitte des 14. Jahrhunderts als sie die Schweiz verloren hatten, besannen sie sich auf Österreich als die neue Hausmacht. Und erst den Barockkaisen gelang es, den Wienern zu gefallen. Noch Kaiser Maximilian I. (1493- 1519), der letzte Ritter und schon auch >>uomo universale<< der Renaissance, war nur ungern in Wien ( er ließ sich auch in Wiener Neustadt begraben) und machte Innsbruck zu seiner Hauptstadt  gemacht. Achtzehnjährig  heiratete er Maria von Burgund und lebte 12 Jahre auf dm reichen Hof von Burgund, zu dem damals das heutige Burgund die Franche- Comtè, der Großteil von Flandern , Barbant und Luxenburg sowie di Provinzen der Pikarde und des Artois gehörten.

Am Hof von Burgund stellte der junge Maximilian bei Abendgesellschaften wiederholt das Mahl zusammen. Dort lernte er exquisite Saucen, Pasteten, Honigkuchen und Konfitüren aus gepressten Rosen und alle anderen Köstlichkeiten der flandrischen Küche kennen und lieben. Als er schon lange in Innsbruck saß und mit Bianca Sforza verschwenderisch großzügigen Nichte des Herzogs von Mailand, verheiratet war, schickte er seinen Koch zu einer Tochter nach Mecheln, damit dieser in ihrer Küche lerne, denn er wisse nur zu gut, daß nirgends in der Welt so köstliche Pasteten gebacken werden wie in Flandern.

Sie wieder sandte ihrem Vater Süßigkeiten un Konfitüren für die er eine besondere Schwäche hatte. 1514 brachte er die ersten

>> Zuckerbläser << an seinen Hof.

Das älterste schriftliche Zeugnis Österreichischer Kochbücher befindet sich heute im Besitz der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien. Es ist eine Handschrift, vermutlich aus dem 15. Jahrhundert, das >> puech des closters zu sand dorothe zu wienn<<( Cod. Vind 2097). Der Besteller dürfte das fertige Werk herbeigesehnt und es dem <<Rubrator<< der die Anfangsbuchstaben extra zu zeichnen und zu malen hatte, aus der Hand gerissen haben, weil in diesem Exemplar viele weiße Flecken für die ausgesparten Initialen geblieben sind. Eine beliebte Speise darinwar der Fisch in Form eines << Rehrückens<< . Aus Hühner wurden besonders raffiniert zubereitet und mußten in allen Farben des Regenbogens schillern, denn es gibt darin Rezepte >>vom grünen, vom weißen, vom roten, vom  swarzen hun << jedes dieser gefärbten Hühner musste außerdem mit einer anders gefärbten >> Salsen<< versehen werden. Ein anderes Kapitel berichtet << vom maniglay essen wy man dy hofleich machen soll>> Unter dem Titel << Ein ander essen von arbais<< ( ::: Erbsen) lernen wir Ahnherren des späteren Italienischen 

<< risi e pisi>> kennen. Wie diese Handschrift und auch die anderen der Österreichischen Nationalbibliothek bewahrten handgeschriebenen Kochbücher ( cod. Nr. 4995 und woher vor allem die einzelnen Rezepte stammen lässt sich leider nicht mehr feststellen, daß einige Rezepte untereinander bzw.in anderen Handschriften und Frühdrucken auffalend übereinstimmen.

 

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