· 

Die Geschichte der Österreichischen Küche Teil 5

So findet man einige im Dorheen- Kloster- Kochbuch erscheinende Rezepte auch im Wiener Cod. 4995, im Heidelberger Cod. pal. gem 676 oder Würzburger << Buch der guten spise >> ( entstanden gegen Ende der vierziger Jahre des 14. Jahrhunderts und dann mehrmals abgeschrieben), u. a. die Rezepte für drei Artenvon Gewürzsaucen >> Agrest <<  >> Kondiment<<  und >> Sulse << , oder Rebhühner in der Fastenzeit, Spanferkel, Bockleber, >> ein geprotns von rephuner<<  ein >> brotns rehen<< und Mandelkäse. Der Codex Vind. Nr. 4995 ebenfalls 15. Jahrhundert, stimmt in seinem ersten Teil mit der Würzburger Fassung des << Buches der guten Speise >> überein. Die Rezepte << Erbsen am Speß>> Pasteten von Fischen, gefüllter Aal, Spanferkel oder << Kuchen mit doberis zu machen>> findet man auch in anderen Handschriften wieder. Der Cod. Nr. 4995 hat übrigens ein Register vorangestellt, das allerdings nicht immer mit der Reihenfolge selbst übereinstimmt!

Auch im Cod. Vind. Nr. 5486 ( Blatt 83 - 95 ) stimmen Rezepte  ( wie Speise aus Holunderbeeren, Speise auf Krebs oder gepresster Schweinskopf ) mit Rezepturen in Rumpolts >>  New Kochbuch << (1581), in >> Koch und Kellereivon allen speisen und geträncken<<  (1537 und in >> Küchnmeisterei<< überein.

Ungleich bezeichnender für diese Epoche ist das handschriftlich erhaltene Kochbuch ( Cod. Vind. 11375 der Philippine Welser (1527 bis 1580). Vermutlich handelt es sich dabei um eine Abschrift einer Zettelsammlung die nicht von der Verfasserin selbst geschrieben worden sein dürfte.

Ein zweites Rezeptbuch ( Cod. Vind. 11454) der Philippine Welser dagegen , das vor allem medizinische und hauswirtschaftliche Rezepte und Mittel enthält, ist eine Sammlung von Einzelblättern. die wohl später in nichtsystematischer Reihenfolge gebunden wurden. Die Rezepte zu diesem Buch hat die Sammlerin aber größtenteils

in ihrer zierlichen Handschrift geschrieben( sie sind oft im schwäbischen Dialekt abgefaßt). Beide Handschrften werden heute im Schloß Ambras bei Innsbruck aufbewahrt. wo Phillippine Welser einst Schloßherrin war. Die Augsburger Patriziertochter wurde 1557 Gemahlin des Erzherzog Ferdinand II. ( gestorben1595) seit 1564 Stadthalter von Tirol, eines Sohnes von Kaiser Ferdinad I. 1567 übersiedeln beide von Böhmen nach Innsbruck. Ihre morgantische

Ehe wurde vom Kaiserlichen Vater erst Jahre später anerkannt, der die Augsburgerin dann nur << durchlauchigsten Fürstinund Frau, Frau Philippina Markgräfin zu Burgau, Landgräfin zu Nellenburg, Gräfin zu Nieder und Oberhohenburg etc. etc.>> nannte. sie war eine tüchtige Hausfrau in dem dreistöckigen Schloß, das von einemKunstgarten mit Muskat und mit Damaszenerrosen; Springbrunnen, fruchttragenden Orangen, Feigen, Mandel, und Kastanienbäumen, Statuen und Lusthäusern sowie von einem Wildpark mit halbzahmen Hirschen, Rehen und Dammwild, Steinböcken und Gämsen umgeben war. Die gute Küche der Frau Philippina lockte stets viele Gäste an; serviert wurde meist auf weißem Majestätsgeschirr aus Italienischen Werkstätten in Faenzo und Urbino. ( DasInventar von Schloß Amras,1596 nach dem Tod des Erzherzogs aufgenommen., verzeichnet u. a. >>ainencasten, darinnen allerlei weis majolica, schössl, Geschirr, schalen, Flaschen und dergleichen<<,) Täglich mußten auf erzherzogischen Tisch 24 verschiedene Speisen - in gehöriger Abwechslung erscheinen. Die Küche benötigte zum beispiel täglich 900 Pfund Fleisch, ungerechnet des Wildbrets un 50 Pfund Schmalz. Ein Diätgericht für den erzherzogischen Gemahl enthielt << ein gesottenes Hühnerei, ein gebratenes Hühnel, Spargel, in einer Fleischbrühe gekocht, gesottenes Gerstel, Nekkarwein und Mandelmilch>>

An einem Freitag gab es Mandelsuppe, Zwetschken, Krapfen von Marzipan; zum Abendessen verspeiste der Gemahl trotz des Kirchlich gebotenen Festtages noch << ein Hühnchen>>

Das Kochbuch der Philippine Welser dürfte aus ihrer eigenen Praxis entstanden sein. Auf 272 Seiten enthält es zahlreiche Rezepte von Fastenspeisen, Fleischspeisen,  mehr als 30 Schweinfleischgerichte, gebackenes Fleisch, Suppen, gebackene Fische,  Krebse, Sulzen aus Fleisch, Fisch und Krebs, Mehlspeisen, Torten ( u. a. eine Nußtorte),

<< weyse streybla >> ( worin wir unsere << Strauben >> wiedererkennen), Pasteten und Müslein, das Blancmanager, das Mandelgelee von ihr << blamausch >>  geschrieben und aus Mandeln, Reismehl und Milch bereitet << auf Glut gesetzt und wol gerurt, damits mit anprinnen oder knollert werden >>. Von << basteten >> und << dorten >> enthält die Sammlung eine ansehnliche Menge. Und bereits << klassisch >> serviert sie zum Rindfleisch << Marrettich >>

( Meerretich ). Zum Obst empfiehlt sie >> Hohlhippen, Turten Setzküchlein, trauben, Gebackenes, Messerkuchen und allerley Käß<<,

Auch im Tiroler Landesmuseum << Ferdinandmuseum >> liegt ein Kochbuch eine Tiroler Adels oder reichen Bürgerfamilie aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auf, das eine Anzahl von <Fisch- und Fleischspeiserezepten und Tortenrezepte enthält (beliebt war eine Torte mit Zirbennüssen).

Es ist vielleicht nicht zuletzt das Verdienst der Phippine Welser, daß die Tiroler Küche als eine der ersten 

Provinz- Küchen auch in deutschen Kochbüchern schon früh Erwähnung fand und daß noch heute << Tiroler Knödel, Tiroler Strudel, Tiroler Sauce, >> und andere Gerichte << á la tyrolienne>> in der Internationalen Gastronomie ihren angestammten Platz haben. Freilich trug auch der Reichtum des Landes , ab 1400 durch den Silber - un d Kupferbergbau geschaffen, dazu bei, daß Adel und Bürger Tirols  bald sehr wohlhabend waren. Tirol genoß außerdem den Vorteil des regen Handels, zwischen den augsburgiscen und venezianischen Handelshäusern. Entscheidend war aber auch das 1379 bis 1490 und 1564 bis 1565 eine eigene Linie des Hauses Habsburg in Innsbruck Residenz aufgeschlagen hatte ( Tirol wird ja erst seit 1665 von Wien aus regiert).  Dazu kommt noch die Italien nähe 

Ferdinand II. hatte in Tirol die ialienische Kunst sehr gefördert. Und Italien war gerade im 16. Jahrhundert auch in der Kochkunst führend gewesen!

Am Wiener Hof war inzwischen Karl V. ( 1519 bis 1556) und vor allem mit Ferdinand I. ( 1556 bis 1564) der spanische Hofstaat mit dem spanischen Hofzeremoniell und der spanischen Hotelkette eingezogen. Doch konnte sich dieser spanische Einfluß weder auf die Wiener Politik noch auf die Wiener Küche allzu stark geltend machen. Karl V. aber vereinigte erstmals alle habsburgischen Länder und machte die Habsburger zur mächtigen Dynastie Europas. 

Das << Haus Österreich >> wurde Weltmacht, in seinem Reich die Sonne nie unter.

Paralell zu dieser Entwicklung hat sich auch der Ruhm Wiens - 1529 hatte es erfolgreich den ersten großen Türkenansturm abgewehrt- verbreiten und fast alle Zeitgenossen stimmen in das Loblied Wiens ein. Wolfgang Schmeltzl, aus der Oberpfalz um 1540 nach Wien gekommen wo er bis 1553 Lehrer am Schottenstift war, schreibt in seinem Lobspruch der Stadt Wien: >> Der Schmälzl khain pesser schmalzgrub fand.

Ich lob di? Land!

Wer sich z Wien nit neren kan,

Ist uberall ein verdorbner man.<<

Dieser  Wolfgang Schmeltzl kann sich am Lugeck, der ältersten Stelle Wiens, vor, als wäre er << gen Babl khumen wo alle sprach ein Anfang gnommen>>

<< Hebreisch, Griechisch und Lateinisch,

Deutsch, Französisch, Türkisch, Spanisch, Behaimisch, Windisch, Italienisch, Hungarisch, guet Niederlendisch,

Natürlich Syrisch, Crabathisch, Rätzisch, Polnisch und Chaiderisch...>>

Auch Hans Sachs stimmt in seinem Lobspruch von 1567 mit ein:

>> Nun diese Stat, volksreich vür war,

Doch kumpt überflüssiger weis,

Täglich darein allerlei Speis

An korn, weizen, prot, flaisch und visch,

Krebs, air, vogel und wildpret frisch.<<

Aber nicht nur Wien und Tirol verstanden zu speisen, sondern auch die übrigen Länder Österreichs. So ist uns aus Salzburg das damals noch ein selbständiges geistliches Fürsentum war, die >> Gasterey<< einer Hochzeit aus dem Jah 1581 überliefert, bei der so enorm << aufgekocht >> wurde, daß die 99 geladenen Gäste 3 Tage zu tun hatten.

Zum << ersten Gang >> gab es:  << Pumberantschen Salat  ( Pomeranzensalat), Kelsten oder Köpflsalat, Pratternen Äll ( Aal, Zeller, Krebs, Gesottenen Kopaun, Groß Pratternen Vögel, Westfählisch Schweinshamen ( Schinken )>>; zum 

<< zweiten Gang >> : >> Lungenpratten, Zween Koppaunern gepratten, allerley gepratten, Feder- Wildpret,  Allerley geprattenes Stiebendt- Wildbret, Haysgesottenes Höchten, Barmb ( Barben),Rutten, Saibling, Forchen ( Forellen) Kellkraut ( Kohl) Mandl Dortten, Geselchte Lax- Forchen<<; zum >> dritten Gang<< >> Grundl in Butter, Ferchen Sulzen, Dattel Dortten, Eingemachte Hiener, Wildpret Pasteten, Abgesottene Pratlßgadner Saibling, Gesulzte Milch<<;

zum >> vierten Gang << : >> Articockhi, Himel- Brot, Wißkottenoder hörts Zuckerbrot, Windtstrickh, so endtliche Kiechl seindauch zusammengwickelte Hollehippen,<<

Das 16. Jahrhundert war die Zeit gewesen in der vermutlich am meisten gegessen und getrunken wurde, es war aber auch das Jahrhundert der gastronomischen und kulinarischen sowie der koch-technischen Umwälzung. Verschiedene 

Faktoren trafen in diesem  <<Jahrhundert der Entdeckungen >> zusammen der allgemeine Auftrieb der Künste, auch der Kochkunst - am Ende dieses Jahrhunderts war die Italienische Küche führend in Europa -, die Früchte und Gewürze, einst von den Kreuzfahrten nach Europa gebracht, bürgerten sich allgemein ein, neue kamen hinzu - vor allem durch die Entdeckung Amerikas und des Seeweges nach Ostindien - wie Ananas, Kartoffeln, Kakao, Kaffee, Tabak. 

Auch in der Küche selbst gab es wichtige Umwälzungen und Neuerungen: Das offene Feuer wurde durch die ersten Öfen aus Gußeisen ersetzt, gußeiserne Töpfe, Kasserollen, Kessel und neues Backgeschirr ermöglichten Verbesserungen der Koch, Brat- und Backtecniken. Ostasiatisches Porzellan kam erstmals nach Europa,

Ess und Trinkgeschirr aus Metall wurden mehr und mehr durch Glas und Steingut ersetzt. Elfenbeinschnitzerei, Gold und Silberhandwerk brachten wundervolles kostbares Tafelgeschirr << auf den Markt >>, die Essgabel wurde an den europäischen Höfen algemein  üblich. Das Tranchieren  wurde eine eigene Kunst und Wissenschaft und schließlich ermöglichte die erfindung der Buchdruckerkunst die rasche Verbreitung von Kochrezepten bzw. Kochbüchern, Kräuter- und algemeinen Haushaltung und Wirtschaftsbüchern.

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0