· 

Vom Hausschwein bis zum Schnitzel

Geschichte des Hausschweins

Auf das Schwein gekommen

Schweine können mehr als Wurst und Schnitzel: Sie sind domestizierte Wilde mit bewegter Geschichte, waren Seefahrer, Erntehelfer, Jagdgefährten - und standen sogar schon vor Gericht. Buchstäblich gingen sie durch dick und dünn.

Die Geschichte beginnt mit den behaarten Jägern und Sammlern auf vier Beinen: Wildschweine durchstreifen seit Jahrmillionen die Wälder und fressen alles, was ihnen vor die Schnauze kommt. Dem Menschen geht das scheue Borstentier normalerweise aus dem Weg. Vor rund 10.000 Jahren muss es dem gerade sesshaft gewordenen Zweibeiner in China und im Vorderen Orient aber doch ins Gehege gekommen sein. Anfangs wurde der Nahrungskonkurrent noch verscheucht. Doch das ständige Vertreiben wurde zu lästig, der Widersacher kurzerhand eingesperrt - und zum lebendigen, billigen Fleischvorrat: Extra Futter musste man den Tieren nicht beschaffen, als Allesfresser reichten ihnen Abfälle.

 

Körper und Geist schrumpfen

Das Wildschwein wurde nach dem Wolf und wahrscheinlich zur gleichen Zeit wie das Schaf, die Ziege und das Rind domestiziert. Nach nur zehn Generationen war es kaum mehr wiederzuerkennen: Körper und Gehirn schrumpften, der Schädel wurde kürzer, die Sinnesleistungen ließen nach. Damit durchlebte auch die wilde Sau eine für Haustiere typische Entwicklung. Schon die Erbauer der Pyramiden versorgten sich mit eigenen Schweineherden mit Fleisch.

Erste Europäer

Rund 5.000 Jahre vor Christus ging die lebendige Fleischreserve auf die Reise: Die Menschen aus dem Nahen Osten nahmen sie auf den großen Flüssen mit nach Norden. Etwa 4.000 vor Christus erreichten die ersten Hausschweine Paris. Trotzdem sind diese ersten Europäer nicht die Vorfahren unserer heutigen Hausschweine. Ein Genetiker aus Oxford hat 2005 herausgefunden, dass die Gene dieser Einwanderer schon vor vielen Jahrtausenden wieder aus Europa verschwunden sind. Scheinbar haben europäische Ackerbauern das Wildschwein neu domestiziert.

Schweine als Erntehelfer

Das Schwein

Glückssymbol und arme Sau

Dass Schweine aber mehr können außer Wurst und Schnitzel, das wussten bereits die Alten Griechen. Sie bildeten sie als Erntehelfer aus und nahmen sie als Saateintreter mit auf die Felder. Die Römer trieben die Züchtungen weiter voran: Muttersauen wurden einzeln gehalten und fruchtbare Tiere mit großem Schinken gezielt vermehrt. Damals gab es vermutlich auch die ersten rosafarbenen Schweine, so wie wir sie heute kennen. Ihr Fleisch war äußerst beliebt und begehrt, zeitweise war es teurer als das von Rind oder Schaf.

Vom kriminellen Schwein zum Weltreisenden

Im Mittelalter trat dann das Phänomen der kriminellen Schweine erstmals auf: Eine ganze Herde wurde wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt. Die Richter hatten jedoch Mitleid mit den armen Säuen und ließen nur den eigentlichen Übeltäter hinrichten. Gezielt zuhilfe gebeten wurden die Schweine dann zur Jagd: Weil Adlige den Bauern verbaten, Hunde zu halten, züchteten die cleveren Bauern Jagdschweine. Ab 1493 unternahmen die Schweine Weltreisen. Bei seiner zweiten Fahrt nahm Kolumbus Schweine mit an Bord und setzte acht Tiere auf der Karibikinsel Hispaniola aus. Hernando de Soto nahm 1539 einige Tiere mit auf den amerikanischen Kontinent.

Woher kommen die "faule Sau" und das "Drecksschwein"?

Ein Schwein frisst eben "wie ein Schwein": Das Tier ist ein leidenschaftlicher Allesfresser, grunzend und schlabbernd vertilgt es Unmengen. Danach muss es ein ausgedehntes Verdauungsschläfchen halten. Wieder fit, suhlt es sich ausgiebig im Schlamm, um sich abzukühlen und damit eine Dreckkruste die empfindliche, felllose Haut vor Parasiten schützt.

Eine solche Lebensweise widerspricht natürlich Werten wie Fleiß, Disziplin und Ordnung, die seit dem frühen 16. Jahrhundert zunächst das protestantische Christentum und dann viele christliche Gesellschaften prägten. Auf die arme Sau projizierten die disziplinierten, fleißig arbeitenden, aber wohl nicht glücklichen Menschen ihre schweinischen Sehnsüchte und verurteilten sie: eine Art psychische Abwehr aus Neid. "Schwein" wurde zum Schimpfwort, in all seinen Ausprägungen - bis heute.

"Dumme Sau" ist aber nicht gerechtfertigt: Schweine sind fast so schlau wie Delfine! Mit ein bisschen Dressur können sie kleinere Zahlen addieren, einzelne Buchstaben lesen und als Trüffelschweine oder Drogensucher eingesetzt werden. Und deshalb gibt es auch viele, sogar prominente Schweinefans: Thomas Mann nannte sie "bewimperte Blauäuglein", für Edgar Allen Poe waren sie "horizontale Menschen" - und Menschen "senkrechte Schweine".

 

Durch dick und dünn

Im 18. Jahrhundert führten die Engländer wahre Speckschweine aus ihren chinesischen Kolonien ein und entwickelten sie weiter. 1860 kamen die fetten Rassen "Large White" und "Middle White" nach Deutschland und eroberten die Herzen und Mägen der Bevölkerung. Die moderne Schweinezucht begann. Seit den späten 1950er-Jahren bevorzugen die Deutschen allerdings mageres Fleisch: Die Schweine wurden länger, dünner und erhielten ein zusätzliches Rippenpaar. Mittlerweile gibt es weltweit über 700 verschiedene Rassen, fast 300 davon sind allerdings vom Aussterben bedroht. Dafür erobert mittlerweile ihre Urform, das Wildschwein, die Innenstädte.

Das Wildschwein - eine schlaue Sau

Es ist die Urform unseres Hausschweins, sieht mit seinem borstigen Fell und dem ausgeprägten Rüssel aber doch ganz anders aus. Etwa 1,60 Meter lang und einen Meter hoch können die bei uns lebenden Wildschweine (lateinisch sus scrofa) werden. Ausgewachsen bringen die nicht immer freundlichen, aber sehr intelligenten Tiere bis zu 200 Kilogramm auf die Waage. In der Wildnis können Schwarzkittel, wie Wildschweine umgangssprachlich und von Jägern auch genannt werden, maximal zehn, in Gefangenschaft sogar bis zu 21 Jahre alt werden.

Das Hausschwein und seine Bedeutung für den Menschen

Schon seit Jahrtausenden halten sich Menschen Schweine und ernähren sich von ihnen. Als Nutztiere teilen Schweine mit Rindern, Kühen, Ziegen und Schafen das Schicksal, allzu oft auch auf ihren reinen Nutzwert reduziert zu werden. Das Schwein als Markterfolg in Medizin und Fleischindustrie. Doch zum Glück gibt es auch in der Schweinehaltung ein Umdenken.

 

Massenware Schwein

Etwa 46 Schweine isst der Europäer durchschnittlich während seines Lebens. Um diesen enormen Bedarf zu decken, müssen jährlich Millionen von Schweinen geschlachtet werden.

Viele von ihnen verbringen ihr kurzes Leben von der Geburt bis zur Schlachtreife mit ungefähr sechs Monaten mit Tausenden anderen Schweinen im dunklen Maststall. Nur knapp zwei Prozent des deutschen Schweinefleisches stammt aus Biohaltung

EU-weites Gesetz für die Schweinehaltung

In der Massentierhaltung sieht es meistens so aus, dass die Schweine in den Ställen auf Spaltenböden stehen müssen und nicht genug Platz haben, um ein separates "Klo" einzurichten.

Spaltenböden, die aussehen wie eine Europalette, gehören nach Meinung von Tierschützern eigentlich längst abgeschafft. Sie zwängen die Tiere geradezu in die Langeweile und Aggressivität. Dann würden sich die Tiere gegenseitig attackieren.

Die EU-weite Schweinehaltungsrichtlinie hat inzwischen einige Verbesserungen gebracht. Den Schweinen muss zum Beispiel Beschäftigungsmaterial, also Spielzeug, zur Verfügung gestellt werden und die Tiere dürfen nicht in völliger Dunkelheit gehalten werden.

Wenn kein Tageslicht in den Stall fällt, obwohl dies eigentlich der Fall sein sollte, muss mindestens acht Stunden künstlich beleuchtet werden, damit die Schweine ihren Tag-Nacht-Rhythmus aufrecht erhalten können.

Das Schwein - Steckbrief

Steckbrief

Name: Schwein

Weitere Namen: Hausschwein

Lateinischer Name: Sus scrofa domestica

Klasse: Säugetiere

Größe: 1,2 - 1,8m

Gewicht: 50 - 150kg

Alter: 8 - 12 Jahre

Aussehen: weiß-rosa

Geschlechtsdimorphismus: Ja

Ernährungstyp: Allesfresser (omnivor)

Nahrung: pflanzliche und tierische Kost

Verbreitung: als Nutztier weltweit

ursprüngliche Herkunft: Naher Osten

Schlaf-Wach-Rhythmus: tagaktiv

Lebensraum: unspezifisch

natürliche Feinde: /

Geschlechtsreife: mit 6 Monaten

Paarungszeit: ganzjährig

Tragzeit: ca. 110 Tage

Wurfgröße: 2 - 8 Jungtiere

Sozialverhalten: gruppenbildend

Vom Aussterben bedroht: Nein

Interessantes über das Schwein

Abhängig von Geschlecht und Alter können Schweine unterschiedlich bezeichnet werden: weibliches Schwein (Sau), männliches Schwein (Eber), junge Schweine (Ferkel).

Das Hausschwein stammt vom Wildschwein ab. Vor mindestens 10.000 Jahren wurden die ersten Schweine vom Menschen gehalten (Domestizierung).

Schweine können nicht schwitzen. Für Abkühlung suchen sie deshalb schattige Plätze auf, oder wälzen sich im Schlamm. Angenehmer Nebeneffekt: Parasiten werden entfernt.

Schweine sind hochsoziale Tiere. Die Haltung von Schweinen in Kleingruppen stellt deshalb eine unabdingbare Bedingung für eine artgerechte Haltung dar.

Die Borstenhaare der Schweine werden für die Borsten von Pinseln verwendet.

Allgemeine Annahmen, dass Schweine dreckig und dumm wären, können durch die neuere zoologische Forschung nicht bestätigt werden. Die Intelligenz von Schweinen ist vergleichbar mit der von Menschenaffen.

Weltweit werden etwa 1 Milliarde Schweine gehalten. Allein die Hälfte davon in China.

Der Geruchssinn eines Schweins ist ähnlich fein, wie der eines Hundes. Das prädestiniert sie zur Trüffeljagd (essbare Pilze, die nur unterirdisch wachsen und Preise von mehreren Tausend Euro erzielen). Sogar beim Aufspüren von Landminen und Sprengstoffen stehen Schweine einem Spürhund in nichts nach.

Schweine könnten theoretisch 8 - 12 Jahre alt werden. In der Nutztierhaltung werden Schweine aber nach 6 - 10 Monaten geschlachtet, weil dann das Schlachtgewicht erreicht wird.

Die Fleischstücke vom Schwein und ihre Verwendung

Schweinefleisch zeichnet sich durch einen würzigen und pikanten Geschmack aus. Es muss frisch sein, sollte eine kräftig rosarote Farbe haben und mit Fett marmoriert sein, d.h. von Fettadern durchzogen, denn so schmeckt es am besten. Im Gegensatz zum Rindfleisch braucht es nur zwei Tage abzuhängen. Etwa ab der Mitte unseres Jahrhunderts wurden, durch die Verbraucherwünsche veranlasst, magere Schweine gezüchtet. Sie hatten 50% weniger Speck als ihre Vorfahren. Mittlerweile ist jedoch bekannt, dass das magere Fleisch nicht den optimalen Genuss bietet. Es sind daher wieder Schweine gefragt, die etwas mehr Fett in der Muskulatur aufweisen, also marmoriertes Fleisch liefern. Denn Fett bringt Geschmack und sorgt bei der Zubereitung für saftiges Fleisch.

Eine besondere Delikatesse ist Spanferkel. Die jungen Schweine sind nicht älter als sechs Wochen und wiegen etwa zwischen zwölf und zwanzig Kilogramm.

Beim Schwein hat das Geschlecht der Tiere keinen Einfluss auf die Fleischqualität. Schweinefleisch stammt von jungen Mastschweinen, die bei der Schlachtung etwa sieben bis acht Monate alt sind.

1. Kopf/Backe

Das Fleisch vom Schweinekopf wird sehr oft für Sülzen verwendet. Schweinekopf ist auch für deftigen Eintöpfen oder kräftige Suppen geeignet. Schweinebacken sind eine unter Gourmets durchaus geschätzte Delikatesse, die es aber hierzulande kaum zu kaufen gibt. Sie wird oft leicht gepökelt.

2. Nacken

Schweinenacken, auch Hals oder Kamm genannt, wird mit Knochen, ausgelöst oder als Steak bzw. Schnitzel angeboten. Das Fleisch ist durchwachsen, was es besonders gut zum Braten oder Grillen aber auch zum Schmoren eignet. Auch für Schweinegulasch ist der Schweinenacken gut geeignet. Schweinenacken wird gepökelt und leicht geraucht als Kasseler zum Sauerkraut serviert.

3. Schulter/Bug

Die Schweineschulter, auch als Bug oder Blatt bekannt, ist in zwei Sorten erhältlich: einmal wie gewachsen, also mit Knochen, natürlichem Fettbesatz und Schwarte. Andererseits macht sie ausgelöst, entschwartet und mit geringem Fettgehalt eine gute Figur. Die Schweineschulter eignet sich ideal für saftige Braten, je nach Vorliebe mit oder ohne Kruste. Auch für leckere Rollbraten, köstliches Geschmortes oder delikaten Gulasch ist die Schweineschulter wärmstens zu empfehlen.

4. Rückenspeck

Der Rückenspeck (Kernstück oder Fetter Speck) wird hauptsächlich zum Spicken von Bratenstücken und zur Umhüllung ('Bardieren') von Pasteten als Schutz vor Austrocknung verwendet.

5. Kotelett

Aus dem Kotelett (Karree) werden die Teilstücke Stielkotelett und Filetkotelett geschnitten. Die Form der Stielkoteletts ergeben sich durch die eingewachsenen Rippen- und Wirbelknochen. Kotelettstücke kommen sowohl ausgelöst als auch am Knochen, am Stück oder zu Steaks, Schnitzel oder Koteletts geschnitten in den Handel. Diese Teilstücke sind sehr zart und werden bevorzugt zum Grillen, Kurzbraten und Schmoren verwendet. Es lassen sich daraus auch saftige Braten, panierte und unpanierte Koteletts oder gekochte Rippchen und Kasseler zubereiten.

6. Filet

Das feinste und zarteste Teilstück ist das hintere, knochenarme Karree. Aus dem Schweinefilet lassen sich Medaillons und die heiß begehrten, mageren Filetkoteletts (Lummer-Kotelett), die ein Stück des darunterliegenden Filets enthalten schneiden, aus der Filetspitze lassen sich Filetspitzen würfeln. Das Schweinefilet lässt sich auch als Ganzes Braten.

7. Schinken

Der Schinken besteht aus den Teilstücken Oberschale, Unterschale, Nussschinken und Schinkenspeck. Schinken eignet sich zum Kochen, Braten, Schmoren und Grillen. Außerdem wird der Schinken, wie der Name schon sagt, zu rohem und gekochtem Schinken verarbeitet. Die Unterschale liefert die besten Braten die Oberschale die saftigsten Schnitzel. Aus dem Nussschinken lassen sich schmackhafte Braten und Schnitzel zubereiten. Der Schinkenspeck eignet sich gut für Braten, Schnitzel, Steaks, Gulasch und Fonduefleisch.

8. Vorder- und Hintereisbein/Haxen

Das Eisbein wird auch Schinkenbein oder Haxe genannt. Man findet dieses Stück an der Schulter und am Schinken (Vorder- und Hintereisbein). Frisch oder auch gepökelt eignet sich das Eisbein zum Braten, Kochen und Grillen. Gekochtes Eisbein mit Sauerkraut ist ebenso eine Delikatesse wie gegrillte Haxe.

9. Bauch

Den Schweinebauch ist eines der preiswerteren Teilstücke und wird mit oder ohne Rippchen und mit oder ohne Schwarte angeboten. Er wird frisch, gesalzen oder geräuchert angeboten und eignet sich zum Kochen‚ Braten und Schmoren sowie zum Grillen. Gefüllt ist er ebenfalls ein herzhafter Genuss.

10. Dicke Rippe/Brustspitze

Die dicke Rippe, die zwischen Bauch und Schulter liegt, enthält grobfaseriges Fleisch. Die Dicke Rippe eignet sich zum Kochen, Braten, Schmoren und Grillen. Die dicke Rippe eignet sich auch für Gulasch und für herzhafte Eintöpfe

Kommentar schreiben

Kommentare: 0